Bikepacking im Land der offenen Fernen – Trans Rhön in drei Tagen

Martin Donat's Touren sind nicht nur interessant für Hardcore Bikepacker, sondern sie sind neue Interpretationen von klassischen Routen und zeigen dass man mit den Klassikern und etwas Kreativität auch in Deutschland viel Spaß haben kann.

Als ich zum ersten Mal mit dem Fahrrad durch die Rhön gefahren bin, wusste ich noch nicht, dass das Mittelgebirge im Dreiländereck Bayern-Hessen-Thüringen auch als „Land der offenen Fernen“ bezeichnet wird. Im Nachhinein muss ich aber sagen, dass dieser Beiname sehr gut charakterisiert, was dich in der Rhön erwartet. Vor allem die grandiosen Weitblicke auf die unendliche Hügellandschaft werden dir in Erinnerung bleiben. Über all dem liegt eine mystische Stimmung. Genau das richtige Maß von Ruhe und Abgeschiedenheit sorgt dafür, dass du einfach mal abschalten kannst, während du durch den unendlichen Wald rollst, in dem sich Trails, Wirtschaftswege und alte Kolonnenwege munter abwechseln. Langweilig wird es wirklich nie. Viele Highlights – von idyllischen Hochflächen, Zeitzeugen aus dem Kalten Krieg, dunklen Mooren, einem waschechten Flowtrail bis hin zu all den gemütlichen Dörfern und Städtchen – sorgen immer wieder für Abwechslung. Diese Collection ist ein dreitägiges Bikepacking-Abenteuer mitten durch diese schöne Landschaft – besser lässt sich die Rhön einfach nicht erleben!

Ich habe die Collection so angelegt, dass du sie in drei Tagen gut schaffen kannst – perfekt also für ein langes Wochenende. Die Etappen sind kurz genug, um die Rhön auch abseits des Tracks ausgiebig zu genießen oder den Tag am Ende der Etappen einfach ganz in Ruhe ausklingen zu lassen. Du könntest zum Beispiel den schönen Flowtrail Kreuzberg (Etappe 1) einfach mehrmals fahren, wenn er dir gefällt. Oder du verbringst den Nachmittag im Haus auf der Grenze (Etappe 2) und informierst dich in den Ausstellungen dort über die Zeit des Kalten Krieges, die diese Gegend sehr geprägt hat. Wenn du lieber länger am Stück fährst oder nicht so viel Zeit hast, spricht natürlich auch nichts dagegen, dieses Trans-Rhön-Abenteuer in weniger als drei Tagen zu absolvieren. Wie du es angehst, entscheidest am Ende du allein.

Wie du es auch machst, eines bleibt immer gleich praktisch und unkompliziert: die An- und Abreise. Sowohl am Start in Bad Neustadt an der Saale als auch am Ziel in Bad Salzungen gibt es nämlich eine gute Anbindung ans Bahnnetz, sodass du ganz bequem mit dem Zug an- und abreisen kannst. Ich habe diese Fahrt als Bikepacking-Abenteuer geplant. Das heißt: Alles, was du unterwegs benötigst, wird am Bike verstaut und du nimmst es einfach mit. Wenn du der Natur gern besonders nah bist, kannst du dein Zelt einpacken und einfach einen der Campingplätze nutzen, die du in der Nähe jedes Etappenziels vorfindest. Wenn du es etwas bequemer magst, buchst du ein Hotel oder eine Pension. Mein Tipp: In der Nähe von jedem Etappenziel habe ich jeweils eine „Bett und Bike“-Pension gefunden. „Bett und Bike“ ist ein Zertifikat, das der ADFC besonders radlerInnenfreundlichen Betrieben verleiht. Ich habe mit dieser Art von Unterkunft bisher durchweg positive Erfahrungen gemacht. Zum Beispiel, wenn das Wetter mal schlecht ist, ist es ein gutes Gefühl zu wissen, dass dein Gastgeber Verständnis dafür hat, wenn du und dein Bike völlig verschmutzt vor der Tür stehen.

Grundsätzlich ist diese Collection fürs Mountainbike geeignet, funktioniert aber auch mit dem Gravelbike, sofern du dich damit auch auf gelegentlichen Trailpassagen sicher fühlst. Vor allem die endlosen Kolonnenwege der zweiten Etappe sind mit dem Gravelbike ein wahrer Traum! Ansonsten benötigst du nicht viel. Umzieh- und Regenklamotten, eine Grundausstattung an Ersatzteilen (wie Schaltzug, Ausfallenden und so weiter), Geld- und Kulturbeutel und ein bisschen Proviant – und schon bist du bereit! Du bist ja nicht auf hochalpinen Trails, sondern in einem Mittelgebirge mitten in Deutschland unterwegs. Es erwarten dich also weder extreme geografische Gegebenheiten noch bist du fernab jeder Zivilisation unterwegs – auch wenn es sich hier und da so anfühlt. Vor allem aber ergeben sich immer wieder Möglichkeiten der Einkehr oder für einen Einkauf im Supermarkt. Das „kleine Bikepacking-Gepäck“ ist also vollkommen ausreichend.

Mich hat vor allem der Abenteuercharakter der Rhön fasziniert. Die unendliche Weite der Landschaft hat mich sehr beeindruckt und die Passagen über die alten Kolonnenwege haben mich irgendwie in eine andere Zeit versetzt. Meine Fahrt durch die Rhön war etwas ganz Besonderes und um hierherzukommen, muss man noch nicht einmal weit reisen. Wenn du auch ein kleines Abenteuer mitten in Deutschland suchst, dann bist du in der Rhön jedenfalls goldrichtig!

  • Etappe 1: Von Bad Neustadt nach Fladungen – Trans Rhön (60,7 km | 05:49 | 1 450 m) Mein kleines Rhön-Abenteuer beginnt in Bad Neustadt an der Saale am Rande des Naturparks Bayerische Rhön. Ein Stück nördlich von Schweinfurt gelegen, eignet sich die Kurstadt bestens als Ausgangspunkt für eine One-Way-Biketour durch die Rhön, denn du kannst ganz einfach mit der Bahn anreisen. Von hier aus machst du dich also auf den Weg und findest dich schon bald auf dem ersten schönen Wald-Trail wieder. Bis zum ersten Tageshighlight ist es gar nicht weit: Der Kreuzberg Flowtrail ist überregional bekannt und befördert dich mit viel Speed, Flow und Spaß in die gemütliche Stadt Bischofsheim, die sich bestens für eine kleine Pause anbietet. Danach tauchst du direkt wieder in die wunderschöne Natur der Rhön ein, die gleich das nächste Schmankerl zu bieten hat: Das Naturschutzgebiet Lange Rhön. Früher war es von dichtem Buchenwald geprägt. Mittelalterlichen Rodungen hast du es zu verdanken, dass du heute von den Höhenlagen des „Landes der offenen Fernen“ aus grandiose Ausblicke in die Rhön und eine beeindruckende Artenvielfalt genießen kannst. Es lohnt sich also durchaus, auch mal einen Blick links und rechts vom Trail zu werfen. Aber bitte nur einen Blick: Im gesamten Naturschutzgebiet musst du auf den Trails und Wegen bleiben.Auf dem Weg durchs Naturschutzgebiet bieten sich immer wieder schöne Pausenplätze und einige einfache Einkehrmöglichkeiten an, sodass du keinen großen Beutel mit Proviant einplanen musst, sondern dich auch unterwegs verpflegen kannst. Spätestens am Etappenziel in Fladungen ist wieder für dein leibliches Wohl gesorgt. Hier findest du auch einige Übernachtungsmöglichkeiten vom Campingplatz bis zur Pension. Darunter ist sogar eine besonders bikerfreundliche Unterkunft mit „Bett und Bike“-Zertifizierung.

  • Etappe 2: Von Fladungen zum Point Alpha – Trans Rhön (51,8 km | 04:46 | 1 040 m) Nach einer geruhsamen Nacht in Fladungen beginnt die zweite Etappe durch die Rhön mit einem schönen Warmup-Berg, der dich zurück in die Höhenlagen der Hohen Rhön befördert und deinen Körper auf Betriebstemperatur bringt. Der heutige Tag ist nicht so sehr von vielen Trails, dafür aber von wahnsinnig schönen Weitblicken und einer echten Zeitreise geprägt: Unzählige Zeitzeugen entlang der Route lassen dich erahnen, was es bedeutet haben muss, als genau hier noch die innerdeutsche Grenze verlief. Immer wieder fährst du über die alten Kolonnenwege, die früher mitten durch den sogenannten „Todesstreifen“ verliefen. Die heutige Etappe ist herrlich ruhig. Viele schöne Aussichtspunkte laden zu kleinen Pausen ein, zu denen du dir aber am besten deinen eigenen Proviant mitbringst. Auf größere Ortschaften mit Einkaufsmöglichkeiten wartest du nämlich vergebens. Doch genau das macht diese Gegend aus. Hier kannst du einfach mal die Ruhe genießen, die Blicke schweifen lassen und auf deinem Bike langsam, aber sicher immer weiter fahren.Das Ziel der Etappe regt, wie schon die zahlreichen Zeitzeugen unterwegs, nochmal zum Nachdenken an. „Point Alpha“ war ein ehemaliges US-Camp und einer der wichtigsten Beobachtungsstützpunkte der US-Streitkräfte in Europa während des Kalten Krieges. Hier kannst du dir viele original erhaltene Gebäude, militärische Gerätschaften und alte Grenzbefestigungen anschauen und dich in der Ausstellung im Haus auf der Grenze intensiv informieren. Trotz der bedrückenden Vergangenheit dieser Region überwiegt unterm Strich aber die positive Stimmung der wunderbaren Radtour: Heute ist der „Todesstreifen“ Vergangenheit und wenn du den Tag Revue passieren lässt, weißt du genau, warum der ehemalige Grenzbereich jetzt „Grünes Band“ genannt wird.Vom Point Alpha aus ist es nicht mehr weit bis zum Ende der Etappe. Wo genau das Ziel liegt, hängt davon ab, wie du nächtigen willst. Meine Route endet am Jugendzeltplatz Kirchberg, der ein prima Nachtlager abgibt, wenn du in der Gruppe unterwegs bist und gern zelten möchtest. Der Zeltplatz wird allerdings nur an Gruppen vermietet und sollte vorab gebucht werden. Außerhalb der Ferienzeit kannst du auch kurzfristig buchen und wenn du allein reist, einfach eine Gruppe fragen, ob du dich anschließen darfst. Ruf doch einfach mal in Rasdorf an, dort hilft man dir gern: 06651 960111. Wenn du ein Dach über dem Kopf bevorzugst, findest du in Geisa verschiedene Gastgeber. Einen Ort weiter in Schleid gibt es sogar eine „Bett und Bike“-Pension.

  • Etappe 3: Vom Point Alpha nach Bad Salzungen – Trans Rhön (39,9 km | 03:39 | 810 m) Die thüringische Kurstadt Bad Salzungen liegt nördlich von der Rhön und stellt nicht nur das Ziel dieser Tour dar, sondern auch den Abschluss deines dreitägigen Bikepacking-Abenteuers durch die Rhön. Die dritte Etappe ist ein bisschen kürzer gehalten, damit noch genug Zeit für die Heimreise bleibt, die du ganz entspannt und dank guter Anbindung recht fix per Bahn antreten kannst. Aber zuvor warten noch ein paar schöne Stunden auf dem Bike und in der wundervollen Natur der Rhön auf dich.Gleich zu Beginn der Tour kommst du wieder am Point Alpha vorbei und holperst noch einmal über die Betonplatten des alten Kolonnenwegs. Nun rollst du runter nach Geisa und Schleid, bevor die Route nach Osten abknickt und den letzten wirklich langen Anstieg deiner Etappenfahrt einläutet: Jetzt knöpfst du dir den Baier vor. Den „Kegelberg“ vulkanischen Ursprungs mit seiner typischen Form kannst du schon aus der Ferne sehen und dich auf viele schöne Höhenmeter freuen – immerhin ist der Baier 713,9 Meter hoch. Wenn du Lust hast, kannst du sie komplett auskosten und den kleinen Abstecher zum Gipfel auch noch mitnehmen. Das letzte Stück bis nach Bad Salzungen ist zwar durchaus hügelig – immerhin geht es aber tendenziell mehr bergab als bergauf und du kannst dir die Zeit versüßen, indem du die Rastplätze und Einkehrmöglichkeiten entlang des Weges nutzt. Wirf ruhig mal einen Blick zurück und genieße nochmal die beeindruckende Aussicht auf den Berg, den du soeben bezwungen hast. In Bad Salzungen geht deine Reise durch die Rhön zu Ende. Eine Reise, auf der du nicht nur die wunderschöne Natur der Region, sondern auch ihre ganz besondere Geschichte in aller Ruhe auf zwei Rädern kennengelernt hast.

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