Schotter, See & steile Überraschungen – Gravel-Abenteuer am südlichen Gardasee
Der südliche Gardasee, besonders sein nicht so bekanntes wildes Ostufer, hat seinen ganz eigenen Reiz. Schon im Jahr davor haben wir eine fantastische Tour von Gravel Italia erkundet – und weil sie uns so begeistert hat, wollten wir unbedingt eine weitere Route dieser Crew ausprobieren. Uns war bewusst, dass es hier durchaus ruppig werden kann, aber diese Tour hat uns wirklich alles abverlangt. Nicht unbedingt wegen der Anstrengung, sondern wegen der permanent wechselnden Untergründe – alle 50 Meter eine neue Herausforderung! War es das Abenteuer wert? Lest weiter und findet es heraus!
Frühstück, Festung und erste Gravel-Häppchen
Unser Abenteuer beginnt diesmal in Rivoli Veronese, einem kleinen Dörfchen mit einer beeindruckenden Festung aus dem Ersten Weltkrieg. Natürlich darf der perfekte Start nicht fehlen: ein kräftiger italienischer Espresso und ein typisch süßes Frühstück. Das Wetter? Postkartenreif! Es wird warm, also nichts wie los!
Der erste Abschnitt bis nach Caprino Veronese bietet eine bunte Mischung: abgelegene Feldwege durch Weinberge, sanftes Gravel, dann plötzlich grober Schotter und ein seltsames Pflaster, das wohl für Traktoren ideal ist – für uns weniger. Sogar ein kleiner Singletrail schleicht sich ein. Ein spaßiger Auftakt, der schon ahnen lässt, dass diese Tour nicht ohne ist.
Caprino Veronese selbst ist ein typisch charmantes Städtchen des Veneto. Doch während wir hindurchrollen, rücken die Berge näher. Die nächste Herausforderung: eine steil ansteigende Asphaltstraße in einem schönen Tal mit knackigen 13–14%. Zum Glück wurde sie frisch geteert – zumindest ein kleiner Trost. Oben in Vilmezano schnaufen wir kurz durch, bevor es weitergeht. Vom Dorfplatz aus hat man einen ganz schönen Blick.
Jetzt führt uns die Strecke entlang der Bergflanken, leicht abwärts über eine Mischung aus Schotter und Waldwegen. Doch schon bald wird’s enger, ruppiger – und plötzlich sind wir in einer Passage, die mit Gravel nicht mehr viel zu tun hat. Hier müssen wir absteigen.
Immerhin entschädigen uns immer wieder grandiose Ausblicke. Und als wir uns schon sicher sind, dass die Abfahrt jetzt gemütlich über Asphalt erfolgt, biegt die Route doch wieder auf einen steilen, rutschigen Schotterweg durch Olivenhaine ab. Wieder absteigen. Willkommen in der wilden Seite des Gardasees!










Nach all dem ruppigen Untergrund gibt’s erstmal eine kleine Schotterpause. Eine ruhige Landstraße führt uns entspannt weiter, bis wir ins Valle dei Molini eintauchen – ein enges Tal, das früher Heimat einiger Mühlen war. Doch Idylle? Fehlanzeige! Der grobe, ausgewaschene Schotter fühlt sich an, als wären wir in einem Schotterwerk gelandet. Gepflegte Wege sehen anders aus, und auch hier heißt es wieder mehrmals absteigen.
Am Ende dieser Rumpelpiste erreichen wir schließlich die Hauptstraße nach Garda. Von dort rollen wir direkt ins Zentrum bis an die Promenade – doch die Menschenmassen vertreiben uns schnell wieder. Stattdessen finden wir ein ruhigeres Plätzchen für unsere Pause weiter vorne Richtung Strand.
Der Trail, der (fast) im See endete
Ein Blick auf die Karte zeigt: Die stark befahrene Gardesana wäre der logische Weg. Doch einer von uns – ich verrate nicht, wer – hatte die glorreiche Idee, es doch mal direkt am See entlang zu versuchen. Schließlich ist da ja ein Trail eingezeichnet. Ihr ahnt es schon: grandiose Fehlentscheidung.
Aus dem „Weg“ wird Schotterstrand.
Aus dem Schotterstrand wird enger Schotterstrand.
Aus dem engen Schotterstrand wird noch engerer Schotterstrand.
Bis wir praktisch im See stehen – eine schmale Mauer links, das Wasser rechts, kein Ausweg.
Zwischen versteckten Luxusvillen und überteuerten Liegestühlen kämpfen wir uns weiter, doch irgendwann reicht es uns. Wir klettern über einen Zubringerweg wieder hoch zur Straße und steuern unser nächstes Ziel an: die berühmte „Punta San Vigilio“, die wir unbedingt anschauen wollten.
Aber, Pustekuchen! Wir hätten unsere Räder ungesichert abstellen müssen – und darauf hatten wir absolut keine Lust - zu viel Trubel. Also: zurück auf die Straße! Mit einem halsbrecherischen Manöver huschen wir auf die Via del Castel, keine Ahnung wo hier ein Schloss sein soll 😄 und strampeln steil hoch bis zu einem Aussichtspunkt, der uns endlich für all die Umwege belohnt.



Von Strade Bianche ins raue Hinterland
Jetzt beginnt der Abschnitt, der wohl den größten Zwiespalt in uns auslöst. Zuerst starten wir nach dem Panoramapunkt auf einer Abwechslung aus Schotterstraße die zu einem unwegsamen Trail wird und wir durch Gestrüp schieben müssen, wieder auf Straße und einer fiesen Geröllpassage wo es vor uns einen MTBler hin haut.
Dann tauchen wir in ein echtes Gravel-Highlight ein: perfekte Strade Bianche, feiner weißer Schotter und ein atemberaubendes Panorama über den Gardasee. Doch lange bleibt es nicht so entspannt.
Wir wechseln auf die Landstraße und nach einer kleinen Serpentine rollen wir vorbei an luxuriösen Villen, die sich an die Hänge schmiegen. Die Straße ist gut fahrbar, aber bei der Hitze wird jeder Höhenmeter spürbar. Anhalten? Nö! Wir drücken weiter, lassen das nächste Dorf links liegen und tauchen in ein Gelände ein, das sich Schlag auf Schlag verändert.
Zunächst ist der Weg noch angenehm – lockerer Gravel, ein paar Furchen hier und da. Doch je tiefer wir in den Wald eintauchen, desto härter wird es. Grober Untergrund, fiese Kanten – eine klassische “Na, ob das noch Spaß macht?”-Passage. Der Trail bringt uns am Ende wieder auf die Passstraße, aber wer es weniger ruppig mag, kann durchs Dorf über die asphaltierte Straße ausweichen.
Da wir schon im Vorfeld gesehen haben, dass die Waldabfahrten hier extrem grob sind, entscheiden wir uns für die sicherere Variante: über die Serpentinen auf Asphalt hinab nach Castion Veronese. Dort wartet das nächste Highlight – eine wohlverdiente Kaffeepause. Kein Wunder, denn nach 40 Kilometern und 900 Höhenmetern kann ein Espresso nicht schaden!
Endspurt zurück nach Rivoli – und unser Fazit
Jetzt haben wir wohl das Gröbste überstanden. Der letzte Abschnitt führt uns auf einem gut fahrbaren Fahrradweg, auf dem wir endlich mal Strecke machen können. Doch natürlich bleibt es nicht ganz so einfach – immer wieder zweigen wir ab, düsen durch Felder und Schotterwege, um auf die richtige Route zu kommen.
Bald passieren wir imposante Windräder, rollen durch eine Mischung aus Wäldern und Weinbergen – ein schöner, fast schon versöhnlicher Abschluss dieser wilden Tour. Und dann, zurück in Rivoli Veronese, lassen wir die letzten Stunden mit einem leckeren “Tagliere” (Wurst & Käseplatte) Revue passieren.
Unser Fazit zur Route
Mit ein bisschen Abstand fühlt sich die Tour gar nicht mehr so extrem an – bis man sich daran erinnert, wie oft wir absteigen mussten. Manche Abschnitte waren einfach zu ruppig, selbst zu Fuß musste man höllisch aufpassen.
Also: Seid auf der Hut! Ein Großteil ist mit dünnen Reifen machbar, aber übertreibt es nicht - wir waren mit unseren vertrauten 50mm Pirelli Cinturato M unterwegs und hatten nicht oft das Gefühl overbiked zu sein. Die Tour ist definitiv eine Erfahrung wert, doch bei der Wahl der Seitenwege sollte man lieber zweimal hinschauen – sonst steht man schneller im Geröll, als einem lieb ist.